Venezia Mestre

Studienreise: ETH Zürich, Seminarwoche FS18, Professur Kees Christiaanse: Veduten der Vor-Stadt. Fotografische Untersuchung in Mestre, Venedig.
Konzept, Vorbereitung und Durchführung: Joris Jehle.

Mestre.

Eine Schlafstadt, ein Vorort, ein Logistikzentrum, quasi Backstage des «Disneylands Venedig», sein Hinterland.

Ohne Mestre kein Venedig

Hier befinden sich der grosse Güterhafen und günstige Unterkünfte für Arbeitspendler_innen. Der Tourismusmoloch Venedig giert nach Dienstleistung, nach Arbeitskräften. Zunehmend aber wohnen in Mestre auch Venedigs ehemalige Bewohner_innen, die sich die Lagunenstadt der hohen Preise wegen nicht mehr leisten können: während die Bevölkerung der Altstadt ständig schrumpft, nämlich von 200’000 um das Jahr 1600 auf 120’000 in 1980 und magere 55’000 in 2016, wuchs die Bevölkerung auf dem nahen Festaland im selben Zeitraum von knapp 10’000 auf aktuell über 180’000. Die Agglomeration von Mestre übernimmt viele – auch ungeliebte – Funktionen der Stadt, die im Touristenzentrum keinen Platz mehr finden.

Mestre!

Im 20. Jahrhundert folgte die Urbanisierung des Festlandes in und um Mestre ähnlichen Mustern wie überall in Italien und wie vielerorts in Europa: Um das kleine historische Stadtzentrum entstanden in den 1950er Jahren gesichtslose Randzonen. Ein weiterer Ring der Zersiedlung in Form von Businessparks, Logistik- und Industriegebieten – in Gebrauch oder brachliegend – drückt von aussen auf den Kern. Ein breites Band von Autobahnen, Zubringern und Gleisen zerschneidet die Ortschaft und ab den 1970er Jahren schossen an ihrem Rand die üblichen Einkaufszentren und Multiplexkinos aus dem Boden.

Eine fotografische Untersuchung

Die Idee der fotografischen Untersuchung ist so alt wie die Fotografie, wurde aber erst in den 1980er Jahren stark gefördert. In Frankreich lancierte der Staat selber die Idee und beauftragte namhafte Fotografen wie Raymond Depardon, Josef Koudelka, Lewis Baltz oder Gabriele Basilico, die Veränderungen unserer Umwelt auf ihre eigene Art und in ihrer eigenen Bildsprache festzuhalten.

Wir untersuchten und erkundeten Mestre zu Fuss und mit der Kamera. Wir wollten herausfinden, wie sich Urbanisierungstendenzen in Italien manifestieren und sichtbar werden und wie die Entwicklung Mestres mit der Destination Venedig zusammenhängt.

In den vier Tagen in Mestre lag der Schwerpunkt auf dokumentar-fotografischen Herangehensweisen und auf Strategien der Bild- und Themenfindung. Es sollte aber auch auf allgemeine Fragen der fotografischen Praxis und Technik eingegangen werden. Wir wurden dabei vom Fotografen Marc Latzel begleitet und betreut.

In der Galerie finden sich meine eigenen Bilder, die während der Seminarwoche entstanden sind.

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